12. Jahrhundert erstmalig Trockennudeln exportierte. Und das in die ganze bekannte Welt! Doch bei der Frage, ob sich die Sizilianer die Herstellung von den Arabern abgeguckt haben oder ob sie den Arabern das Nudelkochen beibrachten, haben selbstverständlich beide eine eindeutige Antwort...

Mittelalterlicher Nudelgenuss kannte nur einen Namen: Makkaroni. So findet ein Körbchen mit Makkaroni sogar Einzug in ein Testament. Es steht, notariell beglaubigt, auf einer Liste aus dem Jahr 1279. Für den Dichter Boccaccio war ein riesiger Makkaroniberg eine feste Größe in seinem Schlaraffenland und der gebürtige Süditaliener Friedrich II., Herrscher über das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen, liebte gesüßte Makkaroni. Für Experimentierfreudige von heute ja vielleicht mal einen Versuch wert. 

Die Geburtsstunde der Pasta mit Ei schlug irgendwann im 13. Jahrhundert und im vornehmen Norditalien. Lasagne und gefüllte Ravioli sowie die Vorfahren von Tagliatelle, Fettucine und Pappardelle waren frisch gemachte Festtagspasta, den Feinschmeckern der besseren Gesellschaft vorbehalten. Und das blieb auch so, jahrhundertelang.

Die Demokratisierung der Pasta begann langsam und im Süden des Landes. Ab dem 16. Jahrhundert wurde rund um Neapel großflächig Hartweizen angebaut. Um 1630 (ent)stand dort die erste Nudelknetmaschine und 200 Jahre später gab es Tausende Nudelmacher in über 100 Manufakturen am Fuße des Vesuvs. Damit festigten die Neapolitaner auch ihren nicht nur freundlich gemeinten Ruf als "Mangiamaccheroni": Nudelesser.

Genua profitierte zwar bereits im Mittelalter vom Handel mit Pasta secca, doch erst 1825 stieg man auch in die Produktion von Trockennudeln ein. Die erste Pastafabrik der Welt entstand an der italienischen Riviera. Dem findigen Genueser Paolo Agnese folgten bald weitere Produzenten in Norditalien. Neapel verlor den Rang der Trockennudel-Hochburg. Die industrielle Produktion – die übrigens qualitativ genauso gut wie hausgemacht sein kann – senkte die Preise und führte die Nudel nun rasch auf die Tische des Volkes. Es war vielleicht der bedeutendste Wendepunkt im italienischen Nudel-Lebenslauf. 

In den letzten hundertfünfzig Jahren wurde aus der nationalen Nudel Italiens eine weitverzweigte Großfamilie mit vielen prominenten Kindern und einigen exzentrischen Sprösslingen. Viele wurden in Italien gezeugt, andere liebevoll adoptiert und eine wurde sogar zur Skandal-Nudel des Jahres 1983. Das essbare Pastawerk von Giorgio Giugiaro, ein Star unter den Autodesignern, hat kaum jemand verstanden, geschweige denn gegessen. Die Anpassungsfähigkeit der Pasta an den Zeitgeist und seinen Geschmack braucht anscheinend kein kultiges Design, es scheint ihre Natur zu sein. Sie findet sich in der Studentenküche und in feinen italienischen Restaurants. Sie gefällt in dezentem Naturgold, in schwarz, grün und rot. Kein Teller braucht langweiliges Einerlei zu fürchten. Jeder Koch und jeder Gaumen wird mit ihr auf seine Weise glücklich. Ihr Triumphzug um die Welt scheint daher dem vielleicht bekanntesten Zitat der antiken römischen Zeit zu folgen: Sie kam, sah und siegte – ob als primo piatto eines italienischen Menüs oder als virtuoser Solist. 

Na, dann: Guten Appetit!